Hallo Leute,
und weiter geht es mit den Standard-Reparaturanweisungen.
Eine wichtige Anmerkung vorab: Das How to-Ding soll zeigen, wie man das machen kann.
Jedwede Verantwortung für die Richtigkeit des Vorgehens lehne ich ab, Ihr macht das ggf. auf Euer eigenes Risiko nach oder auch nicht. Korrekturen oder zusätzliche Anmerkungen sind willkommen und gern gesehen.

Es geht um das allseits beliebte Einstellen der BSA- und Triumph-3 Feder-Kupplung.
Das Prinzip der Einstellung ist auch bei einer Kupplung mit z. B. 4 Federn dasselbe, ggf. kann dieses how to auch da eine gewisse Hilfestellung geben.
Erstmal ein pic von dem Werkzeug, das man dafür braucht bzw. das ich dafür nutze.

Glasplatte, dünne Fühlerlehren und ein Schlitzmutterndreher. So ein Schlitzmutterndreher ist ein tolles Ding, um später die Einsteller der Federn zu drehen. In der Größe M8 x 150 taugt er IME prima, man muss nur die Spitze mit drei oder vier Feilenstrichen dünner machen, damit er satt in den Nuten der Einsteller sitzt.
Eigentlich ist das Ganze kein echtes Hexenwerk, gleichzeitig ist es aber halt doof gemacht, weil man die Kupplungsfedern so vorspannen muss, dass die Kupplung satten Kraftschluss hat und das Drehmoment des Moders überträgt, die Kupplung aber ausgerückt sauber trennt (aka kein signifikantes Schleppmoment überträgt) und gleichzeitig die Druckplatte nicht taumelt, was eine rupfende, im Sinne von nicht gleichmäßig einrückende, Kupplung nach sich zöge.
Wenn die Kupplung nicht sauber trennt und durch zu weit vorgespannte Federn zuviel Schleppmoment überträgt, kratzt das gerne beim Schalten und geht auf das Getriebe bzw. verhunzt das längerfristig, und man bekommt stehend den Leerlauf nicht rein, wenn man vom ersten oder zweiten Gang aus den Leerlauf einzulegen wünscht.
Der Schlüssel zum Glück bzw. die wesentlichen Punkte für eine funktionierende Kupplung sind IME nachfolgend aufgelistet:
- plane Stahlscheiben
- funktionable Reibscheiben
- entsprechend funktionable Kupplungsfedern mit passenden Federnäpfen
- gleichmäßig abhebende, nicht taumelnde Druckplatte
- Kraftschluss beim Treten
- vollständiges Lösen bzw. möglichst geringes Schleppmoment bei gezogener Kupplung
Zu den einzelnen Komponenten ist zu das nachfolgend aufgelistete zu sagen. Schaut Euch die Sachen vor dem Zusammenbau an und prüft sie entsprechend.
Stahlscheiben:
Zur Prüfung ist eine dicke Glasplatte hilfreich, ich hab‘ eine mit 6 mm Stärke im Fundus, es darf aber auch gerne etwas mehr sein. Eine Glasplatte ist sehr plan und taugt daher gut, um im ersten Schritt die Stahlscheiben zu prüfen.
Jetzt geht es aber schon los, weil die Stahlscheiben im Betrieb in den Nuten des clutch centre anlaufen. Dabei kann es passieren, dass sich das Blech der Nasen da etwas aufwirft, siehe nächstes pic.

So eine Scheibe liegt nicht eben auf der Glasplatte auf, ergo kann man nicht beurteilen, ob sie plan ist. Klaro kann man versuchen, den aufgeworfenen Grat abzufeilen oder vorsichtig abzudremeln, aber das ist arg mühsam. Immerhin reden wir bei der 3 Feder-Kupplung von 6 Stahlscheiben mit jeweils 16 Nasen und jeweils 4 möglichen Graten.
Hüstel… So teuer sind neue Stahlscheiben nicht, als dass man 384 Grate abdremeln müsste.
Good old Eddie hatte berichtet, dass er zum Checken der Planizität der Stahlscheiben einen Spiegel nimmt, weil man damit leichter auch optisch prüfen kann, ob die Scheiben schüsseln.
Weiterhin empfiehlt Eddie auch, evtl. an den Stahlscheiben-Nasen aufgeworfene Grate mit einer scharfen Feile zu entfernen, anstatt stumpf neue Scheiben zu nehmen, die in der Tat teuer geworden sind.
Et voilà eine neue Stahlscheibe, die gibbet auch von Surflex.

Legt die Stahlscheibe, ja auch die evtl. neu gekauften, auf die Glasplatte drauf, das Ding dann mit wenig Kraft auf die Glasplatte aufdrücken und versucht, umlaufend von innen und außen eine 0,10 mm Fühlerlehre rein zu schieben. Ich sortiere jede Stahlscheibe in die Schrotttonne aus, bei der das ginge. Mit schüsselnden Stahlscheiben funktioniert das nicht richtig im Betrieb.
Eine Anmerkung noch zu den Surflex-Stahlscheiben. Es scheint derzeit immer öfter vorzukommen, dass die Nasen an den Scheiben zu lang oder ggf. auch zu breit sind und deshalb die Scheiben nicht frei in den Nuten laufen. Ihr müsst sicherstellen, dass die Scheiben, egal welchen Herstellers, ohne nachzuhelfen frei und sauber im centre laufen. Sonst wird das nichts mit der Einstellerei.
Reibscheiben:
Die Reibscheiben haben laut BSA workshop manual eine nominale Dicke von .140“ bis .145“ mit maximaler Abtragsdicke durch Verschleiß von .030“. Das heißt, dass die Dicke minimal ca. 3 mm sein darf.
Wenn die Oberfläche nicht verschmiert ist und die Dicke eingehalten ist, könnt Ihr die nehmen.
Anbei ein pic von einer gebrauchten Scheibe, die hat immer noch ca. 3,45 mm Dicke und kann also rein.

Und das pic einer neuen von Surflex. Mit denen hab‘ ich in der Vergangenheit die besten Erfahrungen gemacht, wobei auch andere Hersteller IME funktionieren. Die billigsten Reibscheiben aus dem indischen E-Bay würde ich aber nicht verbauen wollen.

Eine Anmerkung noch zu den Surflex-Reibscheiben. Es scheint derzeit immer öfter vorzukommen, dass die Nasen an den Scheiben zu lang oder ggf. auch zu breit sind und deshalb die Scheiben nicht frei in den Nuten laufen. Ihr müsst sicherstellen, dass die Scheiben, egal welchen Herstellers, ohne nachzuhelfen frei und sauber im Korb laufen. Sonst wird das nichts mit der Einstellerei.
Wenn man eine Kupplung dadurch malträtiert, dass man sie rutschend weiter fährt, sterben die Reibscheiben innerhalb kurzer Zeit. Das kann schon reichen, wenn man 10 km fernab der Heimat eine rutschende Kupplung bemerkt und dann in die heimische Werkstatt oder Garage kommen will. Der Belag wird dabei saumäßig heiß und verschmiert auf der Oberfläche, so wie auf dem angehängten Bild.

So ein Belag ist IME tot und unrettbar verloren und ein Fall für die Schrotttonne. Man kann versuchen, die Schmiere runter zu waschen, die Ritzen zwischen den einzelnen Belagfeldern frei zu kratzen und auch den Belag mit Schmirgel aufzurauhen, es wird aber leider kaum was werden.
Federn und Federnäpfe:
Die Federn sollten halt entsprechend der Teilenummer bei einem vernünftigen Händler gekauft, gleich lang und mit der richtigen Federrate versehen sein. Das mit den Federnäpfen hat einen Hintergrund. Früher gab es die etwas dickeren und mit höherer Federrate ausgestatteten T140-Federn. Die kleinen Racker waren aber einen Hauch stärker im Außendurchmesser und standen dann im Betrieb in den Federnäpfen an, die entsprechend auch passend für die T140 genommen werden mussten. Das hatte in der Vergangenheit immer mal wieder für ziemliche Irritationen und verzweifelte Fehlersuchen gesorgt. Mittlerweile gibbet aber AFAIK nur noch die etwas größeren Näpfe im Handel.

Druckplatte:
Die Druckplatte sollte ein gut laufendes Gewinde an der zentralen Einstellschraube haben und auch nicht verzogen sein. Prüft sie auf der Glasplatte. Falls Ihr bei festgestelltem Verzug im Fundus eine andere normale Blechplatte haben sollte, probiert die. Die Aluplatten z. B. von SRM sind nett anzuschauen, sie tun aber nicht Not.

clutch centre:
Schaut Euch die Nuten im clutch centre an. Da sollten keine signifikanten Eindrückungen von den Nasen der Stahlscheiben zu sehen sein, sonst haken die Stahlscheiben da ein und die Chose wird beim Auskuppeln nicht frei, dann trennt die Kupplung nicht. Ggf. macht das centre ab und feilt die Nuten etwas nach. Das geht einmal, vielleicht auch zweimal, aber nicht ewig. Je weiter die Nuten sind, mit umso mehr Schwung laufen die Scheiben da an und zerdrücken die Nuten wieder. Der abgebildete centre ist IMHO okay und kann verbaut werden.

Kupplungskorb:
Prüft auch die Nuten für die Reibscheiben im Kupplungskorb. Auch die Reibscheiben müssen sich ohne zu haken frei in den Nuten bewegen können. Ggf. macht den Korb ab und feilt die Nuten etwas nach. Das geht einmal, vielleicht auch zweimal, aber nicht ewig. Je weiter die Nuten sind, mit umso mehr Schwung laufen die Scheiben da an und zerdrücken die Nuten wieder. Der abgebildete Korb ist IMHO okay und kann verbaut werden.

Der Kupplungskorb wird immer a wenig auf der Kupplungsnabe taumeln, erst recht ohne Scheiben drin. Das ist normal. Das Maß des Taumelns kann man eigentlich nicht richtig messen. Zur Beurteilung ob das okay ist, bedarf es Erfahrung.
Zusammenbau:
Falls die Begutachtung der Komponenten zu Eurer Zufriedenheit abgelaufen ist, könnt Ihr das nun zusammenbauen.
Ihr ölt die Scheiben zart mit dem Öl Eurer Wahl für den Primärtrieb (bei getrenntem Primärtrieb mit separater Befüllung am besten ATF Dexron II, bei den Triumphen mit dem kommunizierenden Ölinhalt halt Eurer normales Motorenöl, am besten mit JASO MA-Spezifikation) ein und schiebt sie in die Kupplung, anfangen wird bei der 3 Feder-Kupplung mit einer Reibscheibe, dann Stahl usw. usw. Am Ende sind es sechs Reibscheiben und sechs Stahlscheiben.
Hier nochmal das Schnittbild durch eine 3 Feder-Kupplung, da kann man den Aufbau, die verschiedenen Teile und auch die Reihenfolge erkennen.

Ihr steckt die Druckplatte auf und spannt die Federn. Dreht sie erstmal bündig. Der Schlitzmutterndreher ist Euer Freund dabei, es gibt aber auch andere Werkzeuge dafür.

Ihr stellt dann sicher, dass die Kupplung auch Spiel hat. Die zentrale Mutter auf der Druckplatte lösen, die Schraube zart auf Anschlag drehen, und eine halbe Umdrehung raus drehen, dann wieder die Mutter zum Kontern der Einstellschraube anziehen.
Dann auf den Kicker treten, ob Ihr satt Kraftschluss habt und die Kupplung nicht rutscht, das merkt man schon. Ihr müsst bei eingeschraubten Kerzen wirklich Kraftschluss beim Treten haben, sonst kriegt Ihr das Ding nicht an.
Außerdem verderbt Ihr so die Reibscheiben auf den ersten 10 km.
Man sagt zwar, dass bündig ausreicht, bei meinen Mopeds geht das aber nicht. Die Einsteller sind am Ende ca. 4-5 mm tiefer als die Schrauben.
Dann schaut Ihr, ob die Druckplatte zentrisch abhebt oder ob sie eiert.
Man kann ganz gut sehen, wenn Ihr die Kupplung zieht und dann kickt. Dann seht Ihr von oben, ob das eiert. Falls die Druckplatte das tut, fester drehen an einer oder zwei Federn. Man kann auch mit einem Taster oder einer Messuhr arbeiten, ich komme aber mit der optischen Prüfung ganz gut zurecht. Immer wieder sicherstellen, dass die Einstellschraube in der Mitte der Druckplatte etwas Spiel hat.
Ihr prüft dann, wenn Ihr glaubt, es passend zu haben, ob die Kupplung trennt.
Gang rein, Kupplung ziehen, und Du musst das Rad von Hand relativ easy durchdrehen können. Wenn das nicht gehen sollte, dann habt Ihr zuviel Schleppmoment. In dem Fall müsst Ihr die Federn etwas nachlassen. Dann wieder schauen, dass die Platte nicht taumelt wie zuvor.
Update:
Das hatten wir ja dann noch tapfer diskutiert mit dem Schleppmoment, das ggf. gar kein richtiges ist...

Am Ende wird es wohl ein Mysterium bleiben, warum die Kupplung bei zu stark vorgespannten Federn zwar den (fast) gleichen Weg ausrückt, wenn man die Kupplung zieht, das Hinterrad sich aber ab einem gewissen Punkt nicht mehr leicht drehen lassen wird. Und genau ab dem Punkt kratzt es dann beim Schalten, Ihr bekommt dann bei stehendem Fahrzeug und laufendem Motor den Gang nicht mehr raus.
Das ist eben so, eine wirkliche Erklärung kann ich nicht liefern, empirische Beobachtungen bestätigen das aber.
Wenn Ihr es nicht glaubt, dann probiert es selber aus.
Am Ende ist das alles ein wenig auf Kante. Ihr braucht genügend Vorspannung, damit das Drehmoment des Motors ohne Rutschen übertragen wird, aber sie muss auch so trennen, dass Ihr an der Ampel stehend aus dem ersten oder zweiten Gang in den Leerlauf schalten könnt, sonst ist das zu weit vorgespannt.
Wenn Ihr geschüsselte Stahlscheiben habt, die Ihr erstmal mit den Federn leidlich plan drücken müsst, habt Ihr verloren. Deshalb ist die zuvor beschriebene Prüfung der Stahlscheiben auf Verzug wirklich essentiell.
Es ist auch zu sagen, dass die Vorspannung der Federn auch auf die Handkraft bei der Betätigung der Kupplung geht. Hier hilft neben der korrekten Einstellung auch ggf. ein Kupplungszug mit einem Nylon- oder Teflonliner drin. Venhill Featherlight rules.
Wenn das alles zu Eurer Zufriedenheit gelaufen ist, dann stellt Ihr zuletzt nochmal das Kupplungsspiel an der zentralen Einstellschraube in der Druckplatte ein, dann am Einsteller am Handhebel. Normalerweise wachsen die Reibscheiben, wenn sie warm werden, ergo wird das Scheibenpaket leicht dicker und das Spiel am Handhebel wird größer. Kalt kann man das Spiel da ziemlich knapp einstellen.
Dann den Primärdeckel drauf, das Primäröl entsprechend der Vorgaben des workshop manuals auffüllen und ab zur Probefahrt. Am besten könnt Ihr prüfen, ob die Kupplung noch rutscht auf deutlich ansteigender Straße im vorletzten Gang in dem Drehzahlbereich, wo der Motor viel Drehmoment hat, irgendwas um die 3,5k bis 5k rpm. Wenn es dann rutschen sollte, dann muss der Deckel nochmal ab, und Ihr müsst nachstellen.
Wenn Ihr Euch unsicher seid, könnt Ihr auch mal ins Primäröl rein schnuffeln, wenn das Öl verbrannt riecht, dann rutscht die Kupplung.
Macht Euch nichts draus, wenn Ihr da zweimal ran müsst. Es bedarf wirklich relativ viel Erfahrung, damit man das beim ersten Mal gleich hin bekommt. Kauft also immer am besten zwei oder drei Primärdeckeldichtungen.
Sehr sehr gerne lass' ich mich korrigieren, falls da was Falsches oder Zweifelhaftes stehen sollte. Tut Euch keinen Zwang an.
Beste Grüße
Ph.
NAchtrag: Hier ist jetzt eine druckbare Version des Artikels für Euren Werkstattordner.
